Beitrag von Nicolas & Kathrin Bramke

10.04.2019

Vor zwei Tagen führten wir Nachbarn noch zu zwei Wildbienenkolonien in unserer Nachbarschaft. Eine größere Aggregation von Nestern verschiedener Wildbienenarten findet man direkt an der Post in der Kaiser-Wilhelm-Str. So sah es da aus (einige Nester, besser gesagt Nesteingänge von Wildbienen sind hier gut durch die hellen Sandhäufchen in den Fugen zu sehen:

Mitunter nistet die Rotbeinige Furchenbiene hier in einer Aggregation, diese Art ist primitiv eusozial, sie haben eine Arbeiterinnenbrut (Hilfsweibchen). Anfang April schlüpfen die überwinternen, begatteten Weibchen und bauen Nester. Später im Juni/Juli schlüpfen aus diesen Nestern die jungen Weibchen und Männchen der nächsten Generation.

 Zwei Termine an denen wir Samstag und Sonntag insgesamt 25 Menschen das Thema Wildbienen näher bringen konnten.

Am Dienstagmorgen erhielten wir einen Anruf von einer der Teilnehmerinnen... und sie teilte uns mit, dass grade Arbeiter an der Post in der Kaiser-Wilhelm-Straße das Berliner Pflaster mit Mörtelzement verschließen. Direkt dort wo die Nest-Aggregation verschiedener Furchen- und Schmalbienen sowie Blutbienen sind.

Wir sagten ihr sie solle den Arbeitern mitteilen, das sie gegen das Gesetz verstoßen und umgehend die Arbeiten stoppen müssen. Das war denen erst mal egal und wir mussten dann sofort zur Stelle stürmen. Die Polizei war zwischenzeitlich benachrichtigt und wollte dann kommen.

Als wir ankamen tranken die Arbeiter erstmal Kaffee und kauten ihre Brötchen. Wir informierten Sie das sie gegen das Bundesnaturschutzgesetz (§§39 & 44 BNatSchG) verstoßen und das sie umgehend den Zementmörtel aus den Fugen entfernen müssen. Wildbienen leben hier und die sind besonders geschützt. Das interessierte sie auch nicht. Wir teilten ihnen mit, dass die Polizei informiert ist und das auf das Töten von geschützten Arten hohe Bußgelder stehen... was dann doch mit einem Anruf in der Firma quittiert wurde. Der Chef meinte aber, man solle nichts machen.

 

Kürzen wir es ab hier ab. Wir riefen bei der Unteren Naturschutzbehörde an, um diese in Kenntnis über die Situation zu setzen. Es dauerte eine 3/4 Stunde bis die Polizei da war. Diese informierten wir, ließen sie mit der Unteren Naturschutzbehörde Rücksprache halten, und baten darum, dass sie die Arbeiter nun dringend dazu bringen müssen die Masse aus den Fugen zu entfernen.

Wir halfen mit das Zeug aus den Fugen zu holen. Es war klebrig ohne Ende, irgend ein chemischer Kleber war mit drin, der beim aushärten stank und einen Film auf das Berliner Pflaster legte.

Das Zeug nur anzufassen war eklig und gesund ist dieses Zweikomponentenzeug im frischen Zustand auch nicht wie wir später recherchierten:
   
H302 Gesundheitsschädlich bei Verschlucken.
H314 Verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden
H317 Kann allergische Hautreaktionen verursachen.
H412 Schädlich für Wasserorganismen, mit langfristiger Wirkung

Wie kann man so einen Rotz überhaupt auf öffentlichen Flächen ausbringen???

Da das Zeug wie Gummi war einigte man sich die Fugen freizukratzen und den Zementmörtel oben auf zum Trocknen liegen zu lassen. Ein erneutes Wegfegen der Masse hätte es in dem weichen Zustand nur wieder in die Zwischenräumen der Steine geschoben. Die harten Stücke sollten heute morgen dann durch die Arbeiter entfernt werden, so versicherten sie es uns.

Zwischenzeitlich schickten wir eine Handlungsempfehlung an die Untere Naturschutzbehörde:

Unsere dringende Empfehlung (in dieser Reihenfolge), welche in diesen nächsten kalten Tagen gut durchgeführt werden kann, da die Bienen jetzt ruhen werden:

  • Das Material muss komplett von den Flächen gefegt werden
  • Anschließend müssen die Steine mit Wasser und leicht feuchten Lappen gesäubert werden. Ein spülen mit Wasser darf nicht erfolgen, da die Chemie dann auch in den Boden in die dortigen Nester gewaschen wird
  • Der Fugenraum, welcher weiterhin Teil der Masse enthält und durch die Chemie kontaminiert ist, sollte auf dem gesamten Bereich auf bis zu 1 cm Tiefe rausgekratzt werden, ohne das die Steine komplett entnommen werden. Wird eine scheiß Arbeit, aber uns fällt nichts anderes ein. Eine Neuverlegung des Pflasters würde Steine direkt auf Nester setzen.
  • Anschließend müssen die Fugen wieder verschlossen werden. Zu empfehlen ist lehmiger Sand der dort an der Baustelle eh bereits aus dem Boden geholt wurde und von dem Bauleiter als Z0 laut Bodenprüfbericht eingestuft wird. Also wohl genau richtig.

Heute Abend gingen wir dort vorbei... und nichts war weg, das Zeug ist steinhart und auch die Furchen nicht sauber.

Die verantwortliche und bauausführende Firma soll, laut Aussage der Mitarbeiter vor Ort, die Firma Bause GmbH mit Geschäftsinhaber Andreas Bause sein. Dafür spricht auch das Herr Bause ebenso eine Objektgesellschaft Kaiser-Wilhelm-Str. 60/62 mbH gegründet hat.

Die Arbeiter sprachen von einem expliziten Auftrag für genau den Bereich den die Bienen besiedeln, der Bauleiter später von einem "Kommunikationsproblem". Der Eigentümer des Hauses war über das Vorkommen der wildlebenden Tiere durch die Untere Naturschutzbehörde bereits länger informiert (wir leiten Niststätten von Wildbienen im Kiez immer direkt an die UNB weiter). Der Eigentümer des Hauses soll auch die Fa. Bause bzw. irgendeine Firma von Herrn Bause sein. Die genauen Strukturen sind verschachtelt, aber hier einsehbar (unter Netzwerk):

LINK

Es kann sich jeder sein eigenes Bild davon machen, ob das ganze Vorsatz war oder nicht. Am Ende ist es für die viele Wildbienenindividuen verschiedener Arten in der Form das Ende. Und ihr könnt uns glauben, das wir unglaublich sauer auf die Verantwortlichen sind, die nun mit einem Bußgeld (maximal) davon kommen werden. Wenn das nicht vor Gericht landet und der Richter das nicht wegen "Nichtigkeit" einstellen wird.

Für uns bedeutet es einen Einschnitt, da es vermutlich für einen Großteil der dort nistenden Arten das Ende bedeutet. Auch die Integration der bekannten, großen Nestaggregation in den geplanten Wildbienenlehrpfad sieht nun schlecht aus. Dank solche inkompetenten und dummen Menschen. Die Nachbarschaft ist nun um einen wertvollen Schatz ärmer.

Das hier haben sie uns allen in der Nachbarschaft hinterlassen:

Die Arbeiter kratzen die Mörtel-Fugenmasse nun mit verschiedenen Werkzeugen aus den Fugen, in denen sich viele Nesteingänge befanden.

Bereits getrocknete Masse, heute kurz vor 19 Uhr fotografiert. Es ist steinhart und man kriegt es nur mit entsprechendem Werkzeug weg, nur mit den Händen bringt nichts mehr.

Das was hier glänzt ist die chemische Komponente die auf allen Pflastersteinen klebt... und es stinkt unglaublich nach Chemie.

An einigen Stellen wurde die klebrige Masse schon stellenweise entfernt (kleinteilig), sodass für einige Individuen scheinbar doch einen Lichtblick gibt. Einige fleißigen Bienen graben sich zwischen den ausgehärteten Fugenmasse entweder wieder an anderer Stelle wieder an die Oberfläche oder haben bereits neue Nester im Laufe des Dienstag angelegt. Direkt an der Hauswand ist zum Glück kein Kleister gelandet, sodass wir noch für einen Teil der Wildbienenweibchen und ihre Brut Hoffnung haben. Im Juni/Juli werden wir es genauer wissen, denn einige Arten die dort nisten haben zwei Generationen (sind also zweimal im Jahr aktiv zu sehen).

 

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